Auf dem Weg zur Arbeit hörte ich am 15. November einen kurzen Beitrag im Deutschlandfunk von der Filmemacherin und Schriftstellerin Doris Dörrie. Sie plädierte darin für eine klarere Trennung zwischen Realität und Fiktion. Sie wünschte sich einen bewussteren Umgang mit dem Geschichtenerzählen.
Alltägliches Phänomen - 'Fake News'
Sie sehe mit Sorge, dass überall derjenige gewinne, der die beste Geschichte erzähle. "Da wird es natürlich brisant", sagte Dörrie. "Wenn es nur noch darum geht, die bessere Geschichte zu erfinden, dann sind wir ziemlich am Ende."
Der Megatrend: Sich und sein Leben neu erfinden
Warum mich diese Aussage so angesprochen hat, wurde mir erst einige Tage später klar. Ich selbst und viele Menschen in meinem beruflichen Umfeld spüren aufgrund des politischen und technologischen Wandels den Druck, sich in ihrem Job gänzlich neu erfinden zu müssen.
Von der Rarität zur Normalität
Als ein Indikator für diese Entwicklung fällt mir immer wieder auf, dass das ‚Storytelling‘ als überstrapazierte Kommunikationsstrategie herhalten muss. Nichts scheint mehr zu gehen, ohne dass wir mit anderen Menschen eine noch prickelndere Geschichte teilen, eine, die am besten mit vermeintlich authentischen Bildern garniert wird.
Paul Watzlawiks Satz ist so brisant wie nie zuvor
Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Seine vierzig Jahre alte Frage ist im multimedialen Zeitalter so brisant wie nie zuvor. „Wir bewegen uns in einem Paradox“, meinte Doris Dörrie auf dem Münchener Literaturfest. „Unsere Realität wird zunehmend fiktionalisiert, und gleichzeitig sehnen wir uns immer mehr nach dem Wahren, Echten.
Ganz schlimm wird es, wenn Menschen dazu gedrängt werden
Menschen, die vorher recht still einfach ihre Arbeit gemacht oder eben über Projekte berichtet haben, sollen jetzt plötzlich fesselnde ‚Stories‘ in Meetings, auf Facebook, instagram oder wo auch immer im Dienste des Unternehmens ‚teilen‘.
Fremdschämen inklusive
Wenn Sie selbst mal bei einer solchen überambitionierten Erzählveranstaltung dabei waren, werden Sie das beklemmende Gefühl kennen, von dem ich hier schreibe. Zum einen werden wir von deren Anzahl erschlagen und zum anderen bleibt die Realität dabei gerne auf der Strecke.
Ich habe nichts gegen bodenständige persönliche Geschichten, ganz im Gegenteil! Eine solche durfte ich genau zwei Tage nach dem obengenannten Radiobeitrag bei einer beruflichen Veranstaltung live erleben. Doch habe ich etwas gegen das verkrampfte ‚Bauen‘ von spannenden Geschäftsgeschichten um jeden Preis.
Schlichte Bewegungen tun so gut
Vielleicht bin ich deswegen in den letzten Jahren ein noch leidenschaftlicherer Vertreter der einfachen und alltäglichen ‚Bewegungstaten‘ geworden, weil diese regelmäßigen Aktivitäten, sei es Spazierengehen, Qigong oder Fahrradfahren mich mit der absolut zuverlässigen Naturkonstante, der Schwerkraft, auf so wirksame Weise verbünden.
Die Gravitation macht's!
Ich wünsche Ihnen jedenfalls viele erfrischende Bewegungserlebnisse im Schwerefeld der Erde. Die gute Nachricht - sie ist zwar still und doch immer für uns da!
Mit Grüßen aus dem Ring des Alltags
Peter Flühr
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