„Meditation ist etwas für Mönche und Mystiker. Klar, die können stundenlang rumsitzen! Mir ist die Zeit dafür viel zu schade. Zur Ruhe kann ich kommen, wenn ich tot bin! Ich schaffe jetzt schon nicht all‘ meine Aufgaben. Da kriege ich schon Blutdruck, wenn ich dran denke! Und dieses dämliche Dauergrinsen der Gurus, da könnte ich mitten reinschlagen. Was soll mir denn diese ‚Rumsitzerei‘ bringen?“
Auch ich hatte große Vorurteile. Inzwischen habe ich aber meine Haltung gegenüber der Meditation geändert. Nach einigen Minuten passiert etwas Erstaunliches. Das Gedankenchaos verändert sich, ich inzwischen innerlich ruhiger und bekomme einen klaren Blick auf die anstehenden Aufgaben - kann plötzlich viel besser priorisieren, Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden. Nicht immer - aber oft - sind diese Minuten Gold wert. Auch wenn es für mich persönlich, wie schon erwähnt, schwer war, dahin zu kommen.
Die erste von 7 Säulen der Resilienz
In der Resilienzforschung werden in der Regel 7 Säulen unterschieden. Akzeptanz, Optimismus, Selbstwirksamkeit, Verantwortung, Netzwerk-, Lösungs- und Zukunftsorientierung. Sicher nicht zufällig wird die Akzeptanz zuerst genannt. Und genau die spricht Reinhold Niebuhr in seinem Gelassenheitsgebet an.
„Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“
Doch wie kommen wir dahin? Fallen die Gelassenheit, der Mut und die Unterscheidungskraft irgendwann vom Himmel? Nein, von oben kommt nichts! Von innen schon. Meditieren ist das Gegenteil von dem, was wir sonst tun. Die Dinge in die Hand nehmen, Gas geben und Lösungen suchen. Am Anfang ist es grauenvoll. Wir schließen die Augen, sehen nichts und spüren die Verspannungen. Das, was uns begegnet sind Gedankenfeuerwerke und Verkrampfung. Wir erleben das Innehalten auf dem Kissen als Grausamkeit. „Ich will hier weg!“ schreien der Verstand und Körper. Wir sitzen gequält auf dem Boden und versuchen die herumirrenden Satzfetzen zu bändigen. Wir verspannen uns im Rücken und dann fangen noch irgendwelche Stellen am Körper an, zu jucken. Das ist der Horror. Der Schrecken der Bewegungslosigkeit.
Stressoren beim Namen nennen
Doch es kann auch ganz anders laufen. Meditation ist sinnvoll, wenn wir dieses Durcheinander im Kopf
- "Du musst diese Präsentation unbedingt jetzt sofort anfertigen!"
- "Du musst sofort mit diesem Kunden sprechen!"
- "Du musst diese Mails beantworten!"
als inneren Kampf betrachten, dem wir als Zuschauer gebannt verfolgen. Es bedarf nur eines Perspektivwechsels. Aus dieser Position können wir dann klar sehen. Der innere Stress verwandelt sich dann in ein Schauspiel, dem wir ganz gezielt Aufmerksamkeit schenken. Die Kunst ist es dann, diesem inneren Treiben, all diesen Sätzen und dem Jucken im Gesicht, einen Namen zu geben. Wenn dann diese Phänomene benannt sind, dann lassen sie uns oft in Ruhe. Denn sie wissen, wir haben sie gesehen.
Mit Grüßen aus dem Ring des Alltags
Peter Flühr
Bildnachweis Titelbild: © Foto von Nathan Dumlao auf Unsplash