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13. Juni 2021 – Gastbeiträge »Der Blog aus dem Ring« Joggen einmal anders

 

Heute Vormittag hatte ich mal wieder die große Freude mit Peter Flühr zu telefonieren, was Sonne in solch einen verregneten Morgen bringt. Ich war gerade vom Joggen gekommen, was Peter zu der Anmerkung verleitete, dass er der Joggerei bis heute nicht viel abgewinnen kann und er Ähnliches von seinen Kund*innen und Coachees hört. „Ich weiß, ich müsste, aber …“ lautet meist der Einwurf, in dem der Teil der Vernunft mitschwingt, der stets ein schlechtes Gewissen verbreitet und Vorhaben von vorneherein in die Unerreichbarkeit verschiebt.

Ich glaube, so geht es vielen. 

Nun, ich gehöre wahrlich nicht zur Hardcore-Sport-Fraktion. Zwar bin ich in meinem Leben mit viel Anfangs-Enthusiasmus diverse Fitnessabos eingegangen, habe mir mit Mitte 30 überambitioniert den blauen Gurt im Karate erkämpft und bin in meiner Yoga-Hochphase von Retreat zu Retreat gerannt. Doch irgendwann brannte ich nicht mehr dafür. Und ich glaube, so geht es vielen.

(© Undine Zumpe)

Was es mir eröffnet

Nur das Joggen blieb mir. Wenn ich, wie eben im Gespräch mit Peter, darüber nachsinne, warum das so ist, so mag eine Erklärung sein, dass ich Joggen nicht als Sport betrachte. Es geht mir nicht um den Ehrgeiz täglich meine Pace zu verbessern, immer weitere Strecken zu laufen oder irgendwann einen Marathon zu schaffen. Vielmehr eröffnet es mir die Möglichkeit rauszugehen, bei mir zu sein und möglichst viele der einzelnen Tage eines Jahres bewusst zu erleben – den Sommer, wenn man schlicht draußen sein will, den täglich die Natur verwandelnden farbigen Herbst, den man gleichzeitig so gerne ausbremsen möchte um die Dunkelheit und Kälte des Winters zu verkürzen.

(© Undine Zumpe)

Und ganz besonders den Frühling, jetzt, wo alles wächst, das Schwarz, das die kahlen Bäume gerade noch dominierte, sich in ein berauschendes Grün verwandelt. Wie schön kontinuierlich und ganz nah mitzuerleben, wie das Gelb der Forsythien der farblosen Landschaft erste Farbtupfer gibt, der Anblick des strahlenden Weiß oder des kräftigen Rosa der Obstbäume wie echte Glücklich-Macher wirken, die Magnolien allen anderen zeigen wollen, wer hier die größten und schönsten Blüten hat. Oder wenn durch den Englischen Garten der eindringliche Geruch von Bärlauch wabert, der herrliche Fliederduft nun die Nase trifft. 

An möglichst vielen Tagen der Woche versuche ich das zu erleben, bleibe zwischendurch durchaus stehen, schlicht um zu genießen, weil ich auf die Weise das Gefühl habe, dass die Zeit nicht einfach an mir vorbeisaust, sondern dass ich die Macht habe, sie einen Moment anzuhalten – selbst wenn die Häufchen auf meinem Schreibtisch mal wieder die Ausmaße von Achttausendern angenommen haben. Wenn ich am Nachmittag mal einen Hänger habe, so weiß ich doch, dass ich meinen Blick heute schon mal weiter als bis zum Monitor gerichtet habe und ein Teil des Tages ganz und gar mir gehörte. Meine Aufgaben werden leichter, wenn ich in die Sonne geblinzelt oder Regentropfen gespürt habe, als „wechselwarmes Lebewesen“ – so bezeichne ich mich selbst, kälteempfindlich, wie ich nun mal bin – mit viel Selbstmotivation versucht habe, eisige Temperaturen als Erfrischung wahrzunehmen oder der Hitze durch eine besonders frühe Runde im Sommer entkommen bin.

In den zehn Jahren, die ich zwischen München und Kapstadt gependelt bin, war es mir jeden Morgen die größte Freude, die Beachroad abzulaufen, denn es waren die Momente, in denen ich ganz und gar meinen Status als Glückskind einatmen konnte – welche Steigerung kann es noch geben, wenn man unter den wachen Augen des Tafelbergs und Wind-geschützt vom Lion’s Head in dieser lebenswertesten aller Städte läuft, während die Gischt immer wieder über die Ufermauer spritzt… – ein anderes Beispiel dafür, dass Joggen nicht vordergründig Sport sein muss, sondern als Türöffner für den Tag dienen kann.  

Was bisweilen hilft, wenn ich meinen werten Popo so gar nicht hochkriege? Vogelperspektive einnehmen, sich von oben betrachten und fragen, ob man nun weiter genervt von sich selbst diesen wunderschönen Moment vor sich herschieben, gar auslassen will oder ob man sich lieber sehen möchte, wie man gerade munter durchs Grün oder tapfer durch den Schnee läuft. Oft (nein, nicht immer …) sehe ich mich dann aus diesem weiten Blickwinkel, der mehr zulässt als den Augenblick, vielmehr die Gesamtheit offenbart. Und wenn ich dann von oben beobachte, wie ich so trübetassig durch die Wohnung laufe, denke ich, nee, so will ich nicht sein, ich laufe lieber… .

Und nein, ich bin nicht jeden Tag in Form. Joggen hat für mich auch etwas damit zu tun, die eigene, augenblickliche Kraft einschätzen oder schwache Momente akzeptieren zu können. Manchmal schaffe ich selbst kurze Strecken nur, wenn ich eher laufe als jogge, ein anderes Mal renne ich als gäbe es kein morgen. Es gibt Zeiten, da mag ich schlicht gar nicht und Monate, in denen ich ohne zu joggen nicht leben kann. Doch ich kommen immer wieder zurück. Denn bei allem bewussten Sein stellt sich doch meist auch ein wenig sportlicher Ehrgeiz ein – und in jedem Fall die Freude über das Geschenk, das ich mir selbst gemacht habe.

Ich bin zudem getrieben, ständig und überall zu photographieren. Mindestens ein Bild pro Tag muss entstehen, um – gleich einem Tagebuch – eine Erinnerung an diesen zu haben.  Deshalb entstehen bei jeder Runde Photos, auch, wenn es zu Lasten meiner Gesamtgeschwindigkeit geht. Peter hat mich gebeten, das so dokumentierte Werden dieses Frühlings der Erzählung beizufügen. Eh voilà …  

Anmerkung: An alle, die gerade nicht gut drauf sind (Burn-out, Depression). Zwar hilft Bewegung in diesem Zustand viel, aber man schafft es angesichts der Erstarrung und der Kraftlosigkeit kaum, diese Möglichkeit alleine umzusetzen. Bitte sich von solch einem Artikel nicht weiter runterziehen lassen. Diese Zeilen sind in erster Linie für gesunde Menschen geschrieben, die sich davon vielleicht motivieren lassen. Im anderen Fall geht das sehr schwer. Dann braucht man externe Hilfe.  

Undine Zumpe ist bekannt durch das HR-Netzwerk management meetings, das sie 2004 gegründet hat. Bis zum Ausbruch der Pandemie wurden fast 150 Treffen in München, Frankfurt am Main, Hamburg und zuletzt auch Düsseldorf abgehalten.  

Als Coach für die Themen Personal Branding & Selling, gilt ihre Motivation aus dem austauschbaren "Ich kann das und das, also kauf' es bei mir"-Texten ihrer Mandanten*innen ein überzeugendes, persönliches Narrativ zu gestalten, mit dem diese sich positionieren, in die Öffentlichkeit gehen und sich selbstbewusst verkaufen können. Als Moderatorin leitet sie sowohl Podien als auch Workshops im Personalmanagement.

 https://www.linkedin.com/in/undine-zumpe-9b20544a/

 

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Peter Flühr

Hallo,

ich bin Peter Flühr, seit mehr als 20 Jahren Coach und Trainer.

Viele Fach- und Führungskräfte erleben ihren beruflichen Alltag vor allem als Kampf.

In meinen Seminaren und Trainings zeige ich, wie man jeden Tag aufs Neue in diesem Ring besteht – mit einer Kombination aus mentalen Methoden und gezielter Bewegung.

In meinem Blog greife ich Themen auf, die viele aus ihrem Alltag kennen und gebe einfache Tipps, wie sie sich verbessern oder lösen lassen.

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